Eines vorweg, wer Bedenken hat, auf der Yessymphonic-Tour nicht 100% Yes zu bekommen, sollte sich jetzt sofort eine Karte
besorgen, ein besseres Konzert hat Yes in den letzten 10 Jahren in Deutschland nicht gegeben.
Dreimal hatte ich sie zuvor erlebt, 1991 in Oldenburg, 1998 und 2000 in Berlin. Nachdem sie sich am 16.03.2000 in dieser
Columbia-„Abrißschuppen“-Halle mit dem schmuddeligen Turnhallenflair sichtlich unwohl fühlten, verlieh das ICC diesmal ihrem
Auftritt wieder
einen
würdige
Rahmen.
Diese Götter
der
anspruchsvollen Musik gehören nun einmal
auf einen
Tempel, oder gibt es wirklich jemanden, der zu
Hymnen
wie „And you and I“ stehend mitrocken kann?
Leider war
der Saal 1 nur knapp zu 2/3 gefüllt, aber was
solls, lieber
in kleiner Runde dieses hervorragende
Konzert
genießen als einen Vordermann zu haben, der
unbedingt
das einzig ihm bekannte Stück „Owner of a
lonely
heart“ (was uns zum Glück erspart blieb)
hören will.
Die
Titelauswahl ist immer wieder eine Überraschung, da zieht man sich die neueste CD
unendlich oft rein, um im Konzert auch ja mitsingen zu können, obwohl man ja
eigentlich weiß, dass sie nie
mehr als drei
neue Titel spielen.
Unerklärlich
bleibt mir auch, warum
bestimmte Alben
in den Konzerten völlig
ausgeklammert
werden, oder gibt es außer
mir keinen, der
nicht auch mal gerne „Circus
of heaven“
(Tormato) oder „Awaken“
(Going for the
one) hören würde?
Aber ehrlich gesagt sind es
natürlich die
„Yessongs“, auf die ich mich
freue,
schließlich begleiten sie nun
seit knapp 30
Jahren mein Leben.
Ja, und dann kommen die
vier Herren im
Vorruhestandsalter auf die
Bühne und Jon
singt, als wäre er noch Jahre
vom
Stimmbruch entfernt, sein „I
get up ...“, man
muß ihn einfach lieben.
Chris, agil und sympathisch
wie immer, zeigt einem, dass eine Bassgitarre nicht nur zur
Begleitung notwendig ist,
sondern auch ein eigenständiges Musikinstrument sein
kann.
Steve habe ich immer
unterschätzt, viele Töne, vor allem die langgezogenen
hohen wie bei „The gates of
delirium“ (mein Gott, dass ich das noch erleben durfte)
kamen von ihm und nicht, wie
von mir vermutet, vom Keyboarder.
Der Keyboarder, naja, er hat
sich wirklich Mühe gegeben und viele Passagen sehr gut
gespielt. Aber wie soll er
auch, vermutlich noch nicht einmal geboren als ich die
legendären „Yessongs“ schon das 63.000 Mal gehört hatte, die kunstvoll gewebten
Klangteppiche des Rick Wakeman vor einem ausbreiten können?
Wo Rick
schmerzlich
fehlte, kam
das
Orchester
nun richtig
zum Tragen.
Ansonsten
eher eine
visuelle als
akustische
Rolle
spielend,
konnten die
Streicher an
den ruhigen Stellen einen ausgezeichneten Sound abliefern.
Liebe Yes-Brüder, seht zu, dass Ihr noch lange gesund bleibt und uns jedes Jahr in
Berlin mit Euren Auftritten beglücken könnt. Für ein Konzert, das pünktlich anfängt
und einen zweieinhalb Stunden lang schweben läßt, zahle ich auch im nächsten Jahr
gerne 60 Euro.